Future Disco

nach einer Idee von Maximilian Sachsse


Schauspieler
Susanna Karina Bauer, Eva Gottschaller, Guido Verstegen, Ulf-Jürgen Wagner

Idee und dramatische Bildfolge
Maximilian Sachsse

Inszenierung
Guido Verstegen

Uraufführung
Donnerstag, 12. Mai 2016

Unsre Wände sind so dünn wie Haut,
Daß ein jeder teilnimmt, wenn ich weine.
Flüstern dringt hinüber wie Gegröhle:
Und wie stumm in abgeschlossner Höhle
Unberührt und ungeschaut
Steht doch jeder fern und fühlt: alleine.
(Aus: „Städter“, Alfred Wolfenstein, 1914)


(Foto: Christian Weber)

Die Stadt und ihre Menschen: Alles ist miteinander verbunden, und doch kämpft jeder für sich selbst. Ist alleine. Einsam. Die Stadt und ihre Möglichkeiten: Alles und jedes steht uns offen, und doch verharren wir. Im Warten. Im Aushalten.

„Stadtluft macht frei“ – so heißt es im Volksmund. Ein geflügeltes Wort, entschwebt jener Zeiten im Mittelalter, als Menschen noch Städte gründeten, um der Leibeigenschaft auf dem Land zu entkommen. Heute lebt mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung in urbanen Agglomerationen. Im Jahre 2050 werden es rund 70 Prozent sein, wenn der Trend sich fortsetzt. Und so müssen wir uns der Frage stellen, ob und wie das Leben in modernen Städten, vor allem in Großstädten, krankmachen kann.

Aktuelle Umfragen zeigen: Die Deutschen haben wegen der Flüchtlingskrise Angst um ihren Wohlstand. 85 Prozent der Bundesbürger fürchten finanzielle Einbußen wegen des großen Zustroms von Asylsuchenden, 60 Prozent sind deswegen sogar sehr besorgt um ihre persönliche finanzielle Situation. Das betrifft vor allem die ältere Generation. Die Jüngeren sehen immer häufiger den Wald vor lauter Bäumen nicht – wahnsinnig viele Wege stehen ihnen offen, wahnwitzig viele verlieren dabei jede Orientierung.

Wir schreiben das Jahr 2980. Alle staatlichen Institutionen sind verschwunden. Regierungen? Gibt’s nicht mehr! Wir machen keinen Unterschied zwischen Reich und Arm, zwischen Gut und Böse. Da ist nur noch diese gigantische Disco, die ultimative Realität. Was bleibt, ist der Kreislauf des Lebens. Alles endet im Exzess, alles wird aus ihm heraus geboren. Die Antwort auf alle Fragen: Du musst immer wieder springen. Aufs Neue. Mit Respekt. Ohne Scheu.

Nach „Zwischen den Welten“ wartet die Lichtbühne mit ihrer zweiten eigenen Stückentwicklung auf: Basierend auf einer von Maximilian Sachsse entworfenen dramatischen Bilderfolge kreiert das Team ein Theaterstück, das sich in erster Linie mit den Themen Leere, Anonymität und Zukunftsangst auseinandersetzt. Dabei bedient sich das Ensemble einer ganz eigenen Bildersprache, kehrt so immer wieder das Innere nach außen. Macht Unfassbares greifbar und sinnlich erlebbar.

Die adäquate Gedankenwelt tut sich im Expressionismus (1905 bis 1925) auf, der innerlich gesehene Wahrheiten und Erlebnisse darstellt. Das Verlangen expressionistischer Lyriker, den Untergang einer inhumanen Welt heraufzubeschwören, ruht dabei auf drei Säulen: auf dem Gefühl des Verloren-Seins in einer zunehmend urbanisierten und industrialisierten Gesellschaft, auf dem Gefühl des Ekels vor dem zur Bedeutungslosigkeit verkommenen Trott des Menschen, auf dem Gefühl der Angst vor der Abhängigkeit von einer fremden übermächtigen Welt. Klingt das nicht alles sehr nach Heute?



(Foto: Christian Weber)